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Johann Gottfried Gregorii (1685 - 1770)
Literat, Volksaufklärer, Geograf, Kartograf, Historiker,
Schulbuchautor und Theologe.
Seit 2015 trägt unser Gymnasium den Namen MELISSANTES. Doch welche historische Persönlichkeit verbirgt sich dahinter?
Unter dem Pseudonym MELISSANTES wirkte der freischaffende Schriftsteller Johann Gottfried Gregorii zwischen 1706 und 1720 in Arnstadt. MELISSANTES zählte zu den viel gelesenen Autoren seiner Zeit und inspirierte noch Jahrzehnte nach seinem Tod Persönlichkeiten aus Literatur und Wissenschaft. Aus seinen Werken schöpften die Gebrüder Grimm, die Romantiker Achim von Arnim und Clemens Brentano; seine Leser waren Johann Wolfgang von Goethe, Immanuel Kant und Charlotte von Schiller.
Der am 17. Februar 1685 in Toba geborene Gregorii entstammte einer evangelisch-lutherischen Pastorenfamilie, die hohen Wert auf Bildung legte. Im zwölften Lebensjahr musste er jedoch den schmerzlichen Verlust der Eltern verwinden. Mit Unterstützung des regierenden Grafen Anton Günther II. von Schwarzburg-Sondershausen zu Arnstadt wurde dem begabten und gut vorgebildeten Waisenknaben in der Stiftsschule zu Ebeleben und anschließend in Arnstadt höhere Schulbildung zuteil. Während seines ersten Theologiestudiums in Jena beschäftigte sich Gregorii nebenher mit Philosophie, Geographie, Kartografie und Literatur. Zur Aufbesserung seiner Studienfinanzierung erteilte er älteren Schülern Nachhilfeunterricht und bot ihnen zudem noch Berufsberatung an.
1705 schloss Gregorii, gerade zwanzigjährig, zunächst seinen akademischen Bildungsweg an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt als Magister ab und startete 1708 im Alter von 23 Jahren mit seiner Schrift „GEOGRAPHIA NOVISSIMA“ eine eindrucksvolle Karriere als Schriftsteller. Als einer der wichtigsten Autoren der frühneuzeitlichen Geographie sowie als Kartograf, Historiker, Lexikograf, Genealoge, Schulbuchautor, Hymnologe, Journalist und Chronist seiner Zeit beförderte der außergewöhnlich produktive Gelehrte mit Büchern für die „grünende Jugend, Bürger und Bauern“ im besonderen Maße eine gerade im Aufstreben befindliche Volksbildung. Der Universalgelehrte erschuf für seine breite Leserschaft ein vielschichtiges geographisches Informationssystem und damit im Zusammenhang mehrere Novitäten, mit denen er sich besonders auf den Gebieten der Kartografie, Burgenkunde und Reiseführer (z.B. „Das jetzt florirende Thüringen“ von 1711) als Geburtshelfer späterer Wissenschaftsdisziplinen und Buchgenres Verdienste erwarb.
Eine kaum zu unterschätzende Leistung ist seine Überlieferung und Verbreitung historischer Sagen, wie z.B. der Rattenfänger von Hameln, die Kyffhäusersage, Faustens Höllenzwang, Luthers Tintenfleck auf der Wartburg oder Wilhelm Tell. MELISSANTES publizierte nicht, wie im Barock noch üblich, in lateinischer Sprache, sondern in der Volkssprache Deutsch. Zudem verbreitete er ab 1708 als Gegenentwurf zur herrschenden Kleinstaaterei mit seinen Büchern den damals visionären Gedanken über die nationale Einheit Deutschlands.
Der pazifistisch eingestellte Visionär und Volksaufklärer entwickelte frühe Ansätze zum besseren Verständnis der menschlichen Psyche, formulierte bereits sieben Jahrzehnte vor Knigge Benimmregeln und ethische Grundsätze, verfasste mutig auf moraltheologischer Basis Empfehlungen an Regierungsoberhäupter und ersann, in einer Zeit der Ständegesellschaft, als Berufswahlfreiheit noch in utopischer Ferne lag, fortschrittliche Ideen zur guten Berufswahl entsprechend Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit. Zeitlebens setzte sich Gregorii für die moralische Instanz des freien Gewissens, vernünftiges Handeln auf Basis universeller Bildung und für eine gesundheitsbewusste Lebensweise (z.B. Bewegung an frischer Luft, ausreichend Schlaf, Verzicht auf Tabakkonsum) ein.
Nach einem weiteren Theologiestudium in Jena wirkte Gregorii ab 1720 in Siegelbach und Dosdorf sowie ab 1733 in Dornheim bis zu seinem Tode am 4. August 1770 als Pfarrer. Der europaweit bekannte Gelehrte kümmerte sich dann als Geistlicher besonders um die Verbesserung des örtlichen Schulwesens. In Dornheim vollendete Gregorii 1744 sein letztes Buch, das „Gemüths vergnügende Historische Hand-Buch für Bürger und Bauern“ mit zahlreichen historischen Berufsbeschreibungen.
Die Namensgebung des Staatlichen Gymnasiums MELISSANTES Arnstadt und die Vergabe des MELISSANTUM-Preises durch das Institut für Talententwicklung tragen dazu bei, den Universalgelehrten in seiner Heimatregion bekannt zu machen und zu würdigen.
Sein Lebenswerk kann auch künftigen Generationen als Beispiel für eine reflektierte Lebensgestaltung, Eigeninitiative, visionäres Denken sowie institutionsunabhängige freie Meinungsbildung und -äußerung dienen.
Quelle:
Berndt, Carsten:
Johann Gottfried Gregorii alias MELISSANTES (1685-1770). Barocke Weltsichten, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2021.
182 Länder, über 11.500 Schulen und auch das MELISSANTES ist dabei!
